Juristen in London machen Luftverschmutzung für Tod eines Mädchens mitverantwortlich

400.000 – so viele Menschen sterben in Europa an Krankheiten, die durch Luftverschmutzung entstehen. Jedes Jahr, hat die Europäische Umweltagentur EEA kürzlich errechnet. Eine alarmierende Zahl, doch die breite Öffentlichkeit und weite Teile der Politik nehmen sie seit langem hin. Das hat verschiedene Gründe: Die Opfer sind für die meisten von uns abstrakt, nur selten bekommen sie durch Medienberichte „ein Gesicht“. Die Verantwortlichkeiten erscheinen weit gestreut und vage. Deshalb war der massenhafte Tod durch verschmutzte Luft für zentrale gesellschaftliche Instanzen wie die Justiz kaum fassbar. Lange Zeit galt: Wo kein Kläger, da kein Richter.

 

Doch das scheint sich jetzt zu ändern. Die oft erfolgreichen Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen allenfalls halbherzige Bemühungen zur Luftreinhaltung haben für Aufsehen gesorgt. Ein noch bemerkenswerteres aktuelles Beispiel kommt aus London, wie unter anderem Zeit Online berichtet: Die schlechte Luftqualität habe „wesentlich beigetragen“ zum Tod der kleinen Ella Adoo-Kissi-Debrah, befand Mitte Dezember der stellvertretende Untersuchungsbeamte für den Inner South Coroner's Court, Philip Barlow, nach knapp zweiwöchigen Anhörungen zu dem Fall. Das damals neunjährige Mädchen war im Februar 2013 nach einer schweren Asthmaattacke gestorben. In den drei Jahren zuvor musste Ella fast 30-mal mit Atembeschwerden ins Krankenhaus. Ihre Wohnung lag an einem vielbefahrenen Straßenring im Stadtteil Lewisham.

 

Man muss abwarten, welche Folgen das spektakuläre Untersuchungsergebnis im weiteren juristischen Verfahren haben wird. Unabhängig davon ist es ermutigend, dass Ella Adoo-Kissi-Debrah, stellvertretend für Millionen Opfer vermeidbarer Umweltbelastungen, eine Stimme vor Gericht bekommen hat – und ein Gesicht in den Medien, etwa bei Welt.de. Viel zu spät, sieben Jahre nach ihrem Tod. Doch wenigstens ist das ein Anfang.

 

Übrigens: Zu den Straßen in Deutschland, an denen Messtellen eine besonders schlechte Luft nachweisen, zählen trotz kleiner Fortschritte die Merowingerstraße und die Corneliusstraße in Düsseldorf.  

18. Dez 2020

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